Klausurenkurs der Rechtsgeschichte - 20 Klausuren aus der Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, Europäischen Verfassungsgeschic…
vhb-Kursdemo, Prof. Dr. Müßig
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Klausur: Weltliche und geistliche Gewalt im Hochmittelalter
A. Texte
I. Quellen zu Aufgabe 1:
Quelle 1: Lukasevangelium.
Lk 22, 38: Da sagten sie: Herr [Jesus], hier sind zwei Schwerter. Er [Jesus] erwiderte: Genug davon!
Quelle 2: Die kaiserliche Version der Zweischwerterlehre. Sachsenspiegel, Landrecht I/1.
Zwei Schwerter ließ Gott auf Erden, zu beschirmen die Christenheit. Dem Papst ist bestimmt das geistliche, dem Kaiser das weltliche. Dem Papst ist auch bestimmt, zu reiten zu beschiedener Zeit auf einem weißen Pferd und der Kaiser soll ihm den Stegreif halten, damit der Sattel sich nicht umdrehe. Dies hat die Bedeutung: Was dem Papst widersteht, was er mit geistlichem Recht nicht zu erzwingen vermag, daß es der Kaiser mit weltlichem Gericht erzwinge, dem Papst gehorsam zu sein. So soll auch die geistliche Gewalt helfen dem weltlichen Recht, wenn es dessen bedarf.
(Quelle: Sachsenspiegel Ldr. I 1, aus: Der Sachsenspiegel, Übersetzt und eingeleitet von Paul Kaller, München, 2002, S. 19.)
II. Quelle zu Aufgabe 2: Die cluniazensische Bewegung. Aus dem Bericht des päpstlichen Gesandten Petrus Damiani über den Besuch in Cluny (um 1063).
“… Was soll ich sagen von der strengen Abtötung der Sinne, von der Disziplin im Einhalten der Regel, von der Ehrfurcht vor dem Kloster und dem Stillschweigen? Ausser im Notfall wagt es niemand, zur Zeit des Studiums, der Arbeit oder der geistlichen Lesung im Kreuzgang umherzugehen oder zu reden…
Die gottesdienstlichen Handlungen füllen den Tag derart aus, dass neben den notwendigen Arbeiten den Brüdern kaum eine halbe Stunde zu ehrbarer Unterhaltung und zu den nötigen Besprechungen übrigbleibt. Sie reden selten. Während des nächtlichen Silentiums aber, und in bestimmten Räumen auch während des Tages, spricht man nur durch Zeichen, die so gewählt und ernst sind, dass der Leichtsinn dabei keinen Zugang findet…
Die gemeinsamen Räume, wie Kreuzgang, Schlafsaal, Speisesaal und Bibliothek sind ausgedehnt und würdig, doch ohne Prunk und bei aller Geräumigkeit bemerkenswert durch Ernst und würdevolle Einfachheit.“
(Quelle: Caroni, Pio, Rechtshistorische Vorlesungen, Quellen und Texte zur Rechtshistorischen Vorlesung, Band I, 3. Auflage, Bern, 1986, S. 29.)
III. Quellen zu Aufgabe 4:
Quelle 1: Auszug aus der Apostelgeschichte - Petrus und Johannes in Samarien
Apg 8,14: Als die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes dorthin.
Apg 8,15: Diese zogen hinab und beteten für sie, sie möchten den Heiligen Geist empfangen.
Apg 8,16: Denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen; sie waren nur auf den Namen Jesu, des Herrn, getauft.
Apg 8,17: Dann legten sie ihnen die Hände auf und sie empfingen den Heiligen Geist.
Apg 8,18: Als Simon sah, dass durch die Handauflegung der Apostel der Geist verliehen wurde, brachte er ihnen Geld
Apg 8,19: und sagte: Gebt auch mir diese Macht, damit jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfängt.
Apg 8,20: Petrus aber sagte zu ihm: Dein Silber fahre mit dir ins Verderben, wenn du meinst, die Gabe Gottes lasse sich für Geld kaufen.
Apg 8,21: Du hast weder einen Anteil daran noch ein Recht darauf, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott.
Apg 8,22: Wende dich von deiner Bosheit ab und bitte den Herrn; vielleicht wird dir dein Ansinnen vergeben.
Apg 8,23: Denn ich sehe dich voll bitterer Galle und Bosheit.
Apg 8,24: Da antwortete Simon: Betet ihr für mich zum Herrn, damit mich nichts von dem trifft, was ihr gesagt habt.
Apg 8,25: Nachdem sie so das Wort des Herrn bezeugt und verkündet hatten, machten sie sich auf den Weg zurück nach Jerusalem und verkündeten in vielen Dörfern der Samariter das Evangelium.
Quelle 2: Wormser Konkordat 1122.
Ich, Bischof Kalixt, Knecht der Knechte Gottes, verleihe Dir, meinem geliebten Sohn Heinrich, von Gottes Gnaden Römischer Kaiser, Mehrer des Reiches, daß die Wahlen der Bischöfe und Äbte des Deutschen Königreiches, soweit sie dem Reich zugehören, in Deiner Gegenwart stattfinden, aber ohne Simonie und irgendwelche Gewalt: Wenn daher zwischen den Parteien Streit entsteht, so mögest Du nach Rat und Urteil des Metropolisten und der Mitbischöfe dieser Kirchenprovinz dann der verständigeren Partei Zustimmung und Hilfe zukommen lassen. Der Erwählte aber soll von Dir durch das Zepter die Regalien erhalten, und er soll das leisten, was er Dir aufgrund dessen rechtens schuldet. In den anderen Gebieten des Kaiserreiches jedoch soll der Geweihte innerhalb von sechs Monaten von Dir durch das Zepter die Regalien erhalten und er soll das leisten, was er Dir aufgrund dessen rechtens schuldet; ausgenommen bleibt alles, was anerkanntermaßen der Römischen Kirche rechtlich gehört. Worüber Du künftig bei mir Klage erhebst und Hilfe erbittest, darüber werde ich Dir dem Auftrag meines Amtes gemäß Hilfe gewähren. Wahren Frieden gebe ich Dir und allen denen, die auf Deiner Seite stehen und standen zur Zeit dieses Streits.
(Quelle: Grewe, Wilhelm G. (Hrsg.), Fontes Historiae Iuris Gentium, Band 1, Berlin, 1995, S. 317.)
B. Fragen
Aufgabe 1: Gegensatz zwischen Papst und Kaiser
Beantworten Sie unter Einbeziehung der Quellen folgende Frage:
Was besagt die Zweischwerterlehre?
Aufgabe 2: Die cluniazensische Kirchenreformbewegung
Was ist die cluniazensische Kirchenreformbewegung, die dem Investiturstreit vorausging? Welche Ziele verfolgte sie?
Aufgabe 3: Eigenkirchenwesen
a) Was ist das Eigenkirchenwesen?
b) Das Eigenkirchenwesen ist nicht der Gegenstand des Investiturstreites, er hängt jedoch mit diesem eng zusammen. Welche Gemeinsamkeit haben die Auseinandersetzung um das Eigenkirchenwesen und der Investiturstreit?
Aufgabe 4: Investiturstreit
a) Erläutern Sie ausgehend von der ersten Quelle den Investiturstreit. Folgende Fragen dienen der Hilfestellung: Welchen Zeitraum umfasste der Investiturstreit? Was war der Gegenstand des Investiturstreits? Auf welchem kirchlichen Verbot basiert der Investiturstreit? Wer sind die Hauptakteure des Streites? Wie entwickelt sich der Streit bis zum Wormser Konkordat?
b) Erläutern Sie anhand der zweiten Quelle, wie die Lösung des Investiturstreits im Wormser Konkordat von 1122 gelang.
A. Texte
I. Quellen zu Aufgabe 1:
Quelle 1: Lukasevangelium.
Lk 22, 38: Da sagten sie: Herr [Jesus], hier sind zwei Schwerter. Er [Jesus] erwiderte: Genug davon!
Quelle 2: Die kaiserliche Version der Zweischwerterlehre. Sachsenspiegel, Landrecht I/1.
Zwei Schwerter ließ Gott auf Erden, zu beschirmen die Christenheit. Dem Papst ist bestimmt das geistliche, dem Kaiser das weltliche. Dem Papst ist auch bestimmt, zu reiten zu beschiedener Zeit auf einem weißen Pferd und der Kaiser soll ihm den Stegreif halten, damit der Sattel sich nicht umdrehe. Dies hat die Bedeutung: Was dem Papst widersteht, was er mit geistlichem Recht nicht zu erzwingen vermag, daß es der Kaiser mit weltlichem Gericht erzwinge, dem Papst gehorsam zu sein. So soll auch die geistliche Gewalt helfen dem weltlichen Recht, wenn es dessen bedarf.
(Quelle: Sachsenspiegel Ldr. I 1, aus: Der Sachsenspiegel, Übersetzt und eingeleitet von Paul Kaller, München, 2002, S. 19.)
II. Quelle zu Aufgabe 2: Die cluniazensische Bewegung. Aus dem Bericht des päpstlichen Gesandten Petrus Damiani über den Besuch in Cluny (um 1063).
“… Was soll ich sagen von der strengen Abtötung der Sinne, von der Disziplin im Einhalten der Regel, von der Ehrfurcht vor dem Kloster und dem Stillschweigen? Ausser im Notfall wagt es niemand, zur Zeit des Studiums, der Arbeit oder der geistlichen Lesung im Kreuzgang umherzugehen oder zu reden…
Die gottesdienstlichen Handlungen füllen den Tag derart aus, dass neben den notwendigen Arbeiten den Brüdern kaum eine halbe Stunde zu ehrbarer Unterhaltung und zu den nötigen Besprechungen übrigbleibt. Sie reden selten. Während des nächtlichen Silentiums aber, und in bestimmten Räumen auch während des Tages, spricht man nur durch Zeichen, die so gewählt und ernst sind, dass der Leichtsinn dabei keinen Zugang findet…
Die gemeinsamen Räume, wie Kreuzgang, Schlafsaal, Speisesaal und Bibliothek sind ausgedehnt und würdig, doch ohne Prunk und bei aller Geräumigkeit bemerkenswert durch Ernst und würdevolle Einfachheit.“
(Quelle: Caroni, Pio, Rechtshistorische Vorlesungen, Quellen und Texte zur Rechtshistorischen Vorlesung, Band I, 3. Auflage, Bern, 1986, S. 29.)
III. Quellen zu Aufgabe 4:
Quelle 1: Auszug aus der Apostelgeschichte - Petrus und Johannes in Samarien
Apg 8,14: Als die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes dorthin.
Apg 8,15: Diese zogen hinab und beteten für sie, sie möchten den Heiligen Geist empfangen.
Apg 8,16: Denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen; sie waren nur auf den Namen Jesu, des Herrn, getauft.
Apg 8,17: Dann legten sie ihnen die Hände auf und sie empfingen den Heiligen Geist.
Apg 8,18: Als Simon sah, dass durch die Handauflegung der Apostel der Geist verliehen wurde, brachte er ihnen Geld
Apg 8,19: und sagte: Gebt auch mir diese Macht, damit jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfängt.
Apg 8,20: Petrus aber sagte zu ihm: Dein Silber fahre mit dir ins Verderben, wenn du meinst, die Gabe Gottes lasse sich für Geld kaufen.
Apg 8,21: Du hast weder einen Anteil daran noch ein Recht darauf, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott.
Apg 8,22: Wende dich von deiner Bosheit ab und bitte den Herrn; vielleicht wird dir dein Ansinnen vergeben.
Apg 8,23: Denn ich sehe dich voll bitterer Galle und Bosheit.
Apg 8,24: Da antwortete Simon: Betet ihr für mich zum Herrn, damit mich nichts von dem trifft, was ihr gesagt habt.
Apg 8,25: Nachdem sie so das Wort des Herrn bezeugt und verkündet hatten, machten sie sich auf den Weg zurück nach Jerusalem und verkündeten in vielen Dörfern der Samariter das Evangelium.
Quelle 2: Wormser Konkordat 1122.
Ich, Bischof Kalixt, Knecht der Knechte Gottes, verleihe Dir, meinem geliebten Sohn Heinrich, von Gottes Gnaden Römischer Kaiser, Mehrer des Reiches, daß die Wahlen der Bischöfe und Äbte des Deutschen Königreiches, soweit sie dem Reich zugehören, in Deiner Gegenwart stattfinden, aber ohne Simonie und irgendwelche Gewalt: Wenn daher zwischen den Parteien Streit entsteht, so mögest Du nach Rat und Urteil des Metropolisten und der Mitbischöfe dieser Kirchenprovinz dann der verständigeren Partei Zustimmung und Hilfe zukommen lassen. Der Erwählte aber soll von Dir durch das Zepter die Regalien erhalten, und er soll das leisten, was er Dir aufgrund dessen rechtens schuldet. In den anderen Gebieten des Kaiserreiches jedoch soll der Geweihte innerhalb von sechs Monaten von Dir durch das Zepter die Regalien erhalten und er soll das leisten, was er Dir aufgrund dessen rechtens schuldet; ausgenommen bleibt alles, was anerkanntermaßen der Römischen Kirche rechtlich gehört. Worüber Du künftig bei mir Klage erhebst und Hilfe erbittest, darüber werde ich Dir dem Auftrag meines Amtes gemäß Hilfe gewähren. Wahren Frieden gebe ich Dir und allen denen, die auf Deiner Seite stehen und standen zur Zeit dieses Streits.
(Quelle: Grewe, Wilhelm G. (Hrsg.), Fontes Historiae Iuris Gentium, Band 1, Berlin, 1995, S. 317.)
B. Fragen
Aufgabe 1: Gegensatz zwischen Papst und Kaiser
Beantworten Sie unter Einbeziehung der Quellen folgende Frage:
Was besagt die Zweischwerterlehre?
Aufgabe 2: Die cluniazensische Kirchenreformbewegung
Was ist die cluniazensische Kirchenreformbewegung, die dem Investiturstreit vorausging? Welche Ziele verfolgte sie?
Aufgabe 3: Eigenkirchenwesen
a) Was ist das Eigenkirchenwesen?
b) Das Eigenkirchenwesen ist nicht der Gegenstand des Investiturstreites, er hängt jedoch mit diesem eng zusammen. Welche Gemeinsamkeit haben die Auseinandersetzung um das Eigenkirchenwesen und der Investiturstreit?
Aufgabe 4: Investiturstreit
a) Erläutern Sie ausgehend von der ersten Quelle den Investiturstreit. Folgende Fragen dienen der Hilfestellung: Welchen Zeitraum umfasste der Investiturstreit? Was war der Gegenstand des Investiturstreits? Auf welchem kirchlichen Verbot basiert der Investiturstreit? Wer sind die Hauptakteure des Streites? Wie entwickelt sich der Streit bis zum Wormser Konkordat?
b) Erläutern Sie anhand der zweiten Quelle, wie die Lösung des Investiturstreits im Wormser Konkordat von 1122 gelang.