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Vollspannstoß

Der Vollspannstoß stellt einen der häufigsten Schussarten im Fußball dar und ist besonders für harte präzise Schüsse aufs Tor geeignet.  Gekennzeichnet wird er durch das Treffen des Balles mit dem vollen Spann des Fußes.  
 
1. Bewegungsbeschreibung
Der idealtypische Spannstoß in zwei Abschnitte - Anlauf und Schuss- gliedern.
Der Anlaufbeginn bei einer idealtypischer Ausführung ist von einer durchschnittlichen Schrittlänge von fünf Schritten geprägt, wobei dieser in der Spielsituation oft variieren kann.
Der Anlauf erfolgt kurzschrittig und gerade. Das Standbein wird, um das Gleichgewicht zu halten, leicht gebeugt und dicht (in etwa fußbreit) neben dem Ball aufgesetzt und trägt während des gesamten Stoßes das Körpergewicht. Hierbei wird das Knie des Standbeins leicht gebeugt und der Fuß zeigt in die gewünschte Schussrichtung.
Der Anlaufabschluss kennzeichnet sich durch das letzte Aufsetzen des Fußes des Standbeines vor dem Ballkontakt. Das Ziel ist dabei die Erreichung einer optimalen Geschwindigkeit und eines optimalen Abstandes des Standfußes vom Ball. Bei hohen Pässen und Schüssen muss das Standbein etwas hinter dem Ball aufgesetzt werden.
Das letzte Aufsetzen des Fußes des Standbeines vor dem Ballkontakt markiert den Beginn des Schussabschnittes. (vgl. Peitersen, 1999)
Momentaufnahmen eines Vollspannstoßes. (Vgl Kollath, 1996)
Der Schussabschnitt umfasst wiederrum Schwung-, Schuss- und Endphase.

Die Schwungphase ist dabei die entscheidende Phase des Fußstoßes. An ihrem Ende ist der Erfolg oder Misserfolg der Bewegungshandlung bereits festgelegt, da die Dauer der Kontaktphase selbst für reflektorische und damit auch für willkürliche Einwirkungen zu kurz ist.
Während das Standbein aufgesetzt wird, wird das Schussbein mit angewinkeltem Knie nach hinten geführt und vollzieht eine Ausholbewegung durch Zurückschwingen des Oberschenkels und Unterschenkels. Dabei erfolgt eine Streckung im Hüftgelenk sowie eine Beugung im Kniegelenk.
Beim folgenden Vorschwung des Beines wird das Spielbein im Kniegelenk nicht vollständig gestreckt sondern so nach vorne geschwungen, dass das Knie über den Ball kommt. In der Schwungphase wird zunächst das Hüftgelenk stark gebeugt und etwa ab der Mitte der Phase das Kniegelenk zusätzlich gestreckt.
Der zum Boden zeigende Fuß steht in der Plantarflexion und wird dort fixiert. (vgl. Kollath, 1996) 

In der Schussphase erfolgt der Treffpunkt des Balles mit dem vollen Spann, möglichst im Zentrum des Balles, bei festgestelltem Fußgelenk und im tiefsten Punkt der Schwungbewegung. In dieser Phase wird der eigentliche Schuss realisiert, bzw. diese Phase stellt die eigentliche Kontaktphase des Fußes mit dem Ball dar. Bei einem optimalen Ballkontakt wird dabei der Ball mit dem gesamten Spannbereich des Fußes getroffen. Dies gewährleistet eine möglichst große Kontaktfläche, die eine präzise Führung des Balles begünstigt.
 
In der Endphase, nach dem Ballkontakt, schwingt das Spielbein ganz nach vorne aus. Die Aufgabe der Arme ist es, das Gleichgewicht des Schützen zu stabilisieren.
Hierbei wird der dem Spielbein gegenüber liegende Arm nach vorne geführt. (vgl. Bisanz und Gerrisch, 2008)
Links: Optimaler Ballkontakt im Spannbereich Rechts: Ungünstigen Kontakt am Vorfuß (vgl. Kollath 1996)
2. Biomechanische Analyse
Bei der Betrachtung des Vollspannstoßes aus Sicht der Biomechanik ist das Prinzip der kinetischen und kinematischen Kette für den Ablauf und für die Qualität des Schusses von entscheidender Bedeutung. Diese jeweiligen Ketten erstrecken sich über die verschiedenen Teilkomponenten des Schützen bis zum Ball. Zu diesen Teilkomponenten zählen der Standfuß, das Standbein, der Beckengürtel, der Spielbeinoberschenkel, der Spielbeinunterschenkel und der Schussfuß.
Die Gesamtbewegung sowie ihre Teilkomponenten hängen dabei von der physischen und anthropometischen Konstitution ab, sowie von Anlaufwinkel und Anlaufgeschwindigkeit.
(vgl. Ballreich,Kuhlow-Ballreich, 1992)
2.1 Geschwindigkeiten einzelner Körpereile während der Bewegung
Der Schussvorgang eines geübten Spielers vollzieht sich vom Aufsetzen des Standbeins bis zum Ballkontakt in einer Zeitspanne von ca. 0,07s – 0.1s.
Im Hinblick auf das Erreichen hoher Ballgeschwindigkeiten hebt Plagenhoef, zitiert in Kollath 1996, sowohl die zeitliche Abstimmung der Geschwindigkeitserhöhung und –verringerung von Ober-, Unterschenkel und Fuß hervor als auch das Auftreffen des Fußes auf den Ball. „Den Messwerten zufolge wird die Ballgeschwindigkeit umso höher, je mehr das obere Sprunggelenk fixiert wurde und umso größer die Fußgeschwindigkeit beim Treffpunkt war. […] Fuß- und Kniewinkelgeschwindigkeit (stehen dabei) in engem korrelativen Zusammenhang (…) mit der Ballgeschwindigkeit.“ (Kollath, 1996)
„Bei der Betrachtung der Geschwindigkeiten der Gelenkpunkte zeigt sich die nach diesem Prinzip zu erwartende zeitliche Staffelung der Geschwindigkeitsmaxima. Demzufolge sind die Höhen der Geschwindigkeitsmaxima der Gelenkpunkte und der zeitliche Abstand dieser Maxima zum Phasenende Einflußgrößen der Fußgeschwindigkeit.“ (Ballreich,Kuhlow-Ballreich, 1992)
Während die Geschwindigkeit von Hüfte und Knie ständig geringer werden, steigen die von Knöchel und Fußspitze bis kurz vor dem Augenblick des Ballkontakts an. Der Oberschenkel wird demnach frühzeitig abgebremst, Unterschenkel und Fuß hingegen werden bis etwa 10- 20 ms vor dem Treffen des Balls zunehmend beschleunigt. Gleichzeitig wird durch die die Kontraktion der Wadenmuskulatur die Fußspitze abwärts gestreckt, wodurch günstige Bedingungen für ein Treffen des Balls im Mittelfußbereich geschaffen werden. (vgl. Kollath, 1996)
Bei Weitschüssen findet man eine größere Bewegungsamplitude im Hüftgelenk sowie einen längeren letzen Anlaufschritt, wohingegen die Stützzeit des Standbeins und das Maß an Kniegelenkstreckung bei beiden Varianten keine Unterschiede zeigte.
Die Ballgeschwindigkeit beim Spannstoß fällt dabei umso geringer aus, je mehr der Ball im Bereich des Vorderfußes getroffen wird. In einer kinematisch-dynamischen Bewegungsanalyse wurde festgestellt, dass die Ballgeschwindigkeit umso höher war, je größer die Maxima der Drehmomente bei der Hüftbeugung, Kniestreckung und Fußgelenkstabilisierung im Spielbein ausfielen. (vgl. Kollath, 1996)
2.2 Prinzip der Koordination von Teilimpulsen
Nach dem Prinzip der Koordination von Teilimpulsen, ist bei der kinetischen Kette beim Vollspannstoß eine hohe Anlaufgeschwindigkeit wünschenswert solange sie koordinativ und technisch einwandfrei auf das Spielbein und nachfolgend auf den Ball transferiert werden kann. Der Anlauf dient zudem der optimalen Platzierung des Standbeins in Relation zum Ball.
Durch die optimale Übertragung des Impulses der einzelnen Muskelgruppen auf das Spielbein und dann auf den Ball, realisiert sich das Prinzip der Koordination von Teilimpulsen und verhindert den Verlust der kinetische Energie des Fußes, die in kinetische und potenzielle Energie des Balles umgewandelt wird. (vgl. Demtröder, 2008)
2.3. Prinzip der Impulserhaltung
Der Impulserhaltungssatz besagt, dass in einem abgeschlossenen System, d.h. in einem System ohne äußere Krafteinwirkung, die Summe über alle Teilimpulse konstant bleibt. (vgl. Demtröder, 2008) Durch Abbremsen des Fußes beim dem Treffen des Balles verringert sich dabei der Fuß-Impuls während sich der Ball-Impuls durch Beschleunigung des Balles vergrößert. Es findet also eine Impulsübertragung vom Fuß auf den Ball statt. (vgl. Demtröder, 2008).
 
2.4 Prinzip der Gegenwirkung
Durch das Prinzip der Gegenwirkung erzeugen gegenläufige Bewegungen von Teilen des Bewegungsapparates zweckmäßige Körperhaltungen zur Erhaltung des Gleichgewichtes. Beim Vollspannstoß realisiert sich dies in der Drehung des Oberkörpers und des Armes in die entgegengestezte Richtung zum Spielbein. Durch diese Verwringung bleibt das Gleichgewicht des Körpers während des Schusses stabil. (vgl. Demtröder, 2008)
3. Literaturangaben
Ballreich, R., Kuhlow-Ballreich, A. (1992). Biomechanik der Sportspiele (Band 3.,in Biomechanik der Sportarten). Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag.
 
Bisanz, G., Gerrisch, G. (2008). Fußball. Kondition, Technik, Taktik und Coaching. Aachen: Meyer & Meyer Verlag.

Demtröder, W., (2008). Experimentalphysik 1: Mechanik und Wärme. Berlin: Springer Verlag.
 
Kollath, E. (1996). Bewegungsanalyse in den Sportspielen. Kinematisch-dynamische Untersuchung mit Empfehlung für die Praxis. Köln: Sport und Buch Strauß Verlag.
 
Peitersen, B. (1999). Fußball Technik. Das ABC des Jugendtrainings. Viborg: Hovedland Verlag.
 
 

Last edited: 4. Δεκ 2014, 13:57, [lehner24]