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Weitsprung

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  1. Bewegungsbeschreibung (Ramona Kilger)

Der Weitsprung lässt sich in die vier Phasen Anlauf, Absprung, Flug und Landung gliedern.
Abb. 1. Bildreihe Weitsprung (Deutsche Sporthochschule Köln. Institut für Motorik und Bewegungstechnik. SLG Leichtathletik, S. 2)

1.1 1.1 Anlauf

Durch den Anlauf wird es dem Weitspringer ermöglicht, eine optimale Laufgeschwindigkeit zu erreichen, den Absprung vorzubereiten und dabei den Absprungbalken genau mit dem Fuß zu treffen. Im Allgemeinen ist die Länge des Anlaufs abhängig von der maximalen Laufgeschwindigkeit und dem technischen Vermögen des Springers, wobei als Richtwert für eine optimale Anlauflänge bis zu 24 Laufschritte (40-45m) bei Männern und bis zu 20 Laufschritte (35-40m) bei Frauen angenommen werden. (Bauersfeld & Schröter, 1998, S. 226f.)
Des Weiteren ist der Anlauf –mit Beginn aus dem Hochstart- ein Steigerungslauf bei dem die Laufgeschwindigkeit bis zum Absprungbalken konstant gesteigert wird und dort ihr Maximum erreicht. Zu Berücksichtigen ist hierbei die stetige Zunahme von Frequenz und Schrittlänge bis zur Absprungvorbereitung. (Hillig & Krauel, 1994, S. 41)
Der Anlauf strukturiert sich also in einen Beschleunigungsabschnitt und in eine  Absprungvorbereitung, deren Ziel in einer optimalen Umsetzung der horizontalen Anlaufgeschwindigkeit in eine vertikale Abfluggeschwindigkeit liegt. (Bauersfeld & Schröter, 1998, S. 227)

Zur Vorbereitung auf den Absprung werden auf den letzten drei Schritten zum Einen die Knie etwas über normal angehoben, um den Oberkörper im Gegensatz zum Beschleunigungsabschnitt in eine aufrechte Position zu bringen. Zum Anderen wird die Schrittlänge verändert, wobei der vorletzte Schritt um ca. 10-20 cm länger ist als der letzte Schritt. Dies ermöglicht ein leichtes Absenken des Körperschwerpunkts und damit eine optimale Umsetzung des Impulses des Anlaufs in den Absprung. (Deutsche Sporthochschule Köln. Institut für Motorik und Bewegungstechnik. SLG Leichtathletik, S. 2.) Durch den kürzeren, bewusst schnell ausgeführten letzten Schritt sinkt dagegen der Körperschwerpunkt in der Stützphase des letzten Schrittes nicht weiter ab, sondern wird in der Absprungbewegung nach oben vorne geleitet. (Bauersfeld & Schröter, 1998, S. 227)
Abb. 2. Weg des KSP auf den letzen drei Schritten und beim Absprung (Hillig & Krauel, 1994, S. 41)

1.2 1.2 Absprung

Der Absprung als wichtigste und schwierigste Phase des Weitsprungs dient dem Erreichen einer großen Abfluggeschwindigkeit und eines idealen Abflugwinkels (17-24°). Die Absprungbewegung (0,10-0,13 sec) untergliedert sich in die Sprungauslage (Aufsetzen des Sprungbeins),  die Amortisationsphase (Sprungbeinbeugung) und in die Absprungstreckung.

1.2.1 1.2.1 Sprungauslage (Aufsetzen des Sprungbeins)

Nach der Absprungvorbereitung setzt der Springer sein fast gestrecktes Sprungbein (175°) aktiv-greifend, schnell und flach nach hinten-unten auf den Absprungbalken auf. Wichtig hierbei ist, dass der Sprungbeinfuß erst flüchtig mit der Ferse und dann flach auf der ganzen Sohle aufgesetzt wird, um ein bremsendes, stemmendes Fußaufsetzen zu vermeiden.
Abb. 3. Sprungbeinaufsatz (Hillig & Krauel, 1994, S. 41)

1.2.2 1.2.2 Amortisationsphase (Sprungbeinbeugung)

In  der darauffolgenden Amortisationsphase beugt der Weitspringer sein Sprungbein minimal im Fuß-, Hüft-, und Kniegelenk (bis zu 145°-150°). Gleichzeitig schwingt das Schwungbein nach vorn bis es sich in angewinkelter Position auf Hüfthöhe befindet. Aufgrund der Hebelwirkung des Sprungbeins und des schnellen Vorschwingens des Schwungbeins wird der Körperschwerpunkt vertikal beschleunigt.
Abb. 4. Amortisation (Hillig & Krauel, 1994, S. 41)

1.2.3 1.2.3 Absprungstreckung

Der Sprungfuß rollt über die komplette Sohle ab und es kommt zu einer Absprungstreckung im Fuß-, Knie- und Hüftgelenk des Sprungbeins bei einem aufrechten Oberkörper. Außerdem werden der Armeinsatz bis zur Augenhöhe und der Schwungbeineinsatz bis zur Waagrechten kurz vor dem Abflug ruckartig abgebremst, was eine Impulsübertragung auf den Körper zur Folge hat. Dieser Impuls dient vor allem zur Gewinnung an Flughöhe.
Abb. 5. Absprungstreckung (Hillig & Krauel, 1994, S. 41)

1.3 1.3 Flug

Nach dem Absprung kann der Springer die Flugkurve des Körperschwerpunkts nicht mehr beeinflussen. Alle Bewegungen der Arme und Beine in der Flugphase verfolgen lediglich das Ziel, das Gleichgewicht zu erhalten und eine optimale Landung vorzubereiten. Die Weitsprungtechniken Schrittweitsprung, Hangsprung und Laufsprung unterscheiden sich ausschließlich in der Flugphase. (Bauersfeld & Schröter, 1998, S. 228-230)
Im Folgenden wird lediglich die Technik des Hangsprungs näher erläutert.

1.3.1 Hangsprung

Abb. 6. Hangsprungtechnik (Haberkorn & Plaß, 1992, S. 36)

1.4 1.4 Landung

Die Hauptaufgaben der Landung bestehen einerseits im Geringhalten des Landeverlusts (Distanz zwischen dem letzten Landeeindruck und der theoretischen Landesstelle des Körperschwerpunkts). Andererseits sollen durch das elastische Abfangen des Körpers Verletzungen vorgebeugt werden. Darüber hinaus gilt es das Zurückfallen beziehungsweise das Zurückgreifen mit den Händen zu vermeiden.
Mit Einnahme der Beugehaltung des Körpers bei horizontal angehobenen Beinen ist die Landevorbereitung im Flug beendet. Wichtig ist, dass der Springer versucht beide Füße der fast gestreckten Beine  gleichzeitig möglichst weit vor dem Körperschwerpunkt aufzusetzen. Der Rumpf richtet sich zur Bodenberührung wieder auf, wobei sich die Arme parallel nach unten-hinten bewegen und anschließend wieder nach vorne geschwungen werden. Um den Körperschwerpunkt abzusenken, geben die Beine bei der Landung in den Knien elastisch nach.  Außerdem wird die Hüfte seitlich oder frontal nach vorne gebracht, um ein Zurückfallen zu vermeiden. (Haberkorn & Plaß, 1992, S. 37-39)
Abb. 7. Landevorgang und Landeverlust (Haberkorn & Plaß, 1992, S. 37)
Anmerkungen:
  • Literaturangabe und Zitation noch nicht vollständig!

2 2. Biomechanik

Im Folgenden werden Anlauf, Absprung, Flug und Landung beim Weitsprung in biomechanischer Betrachtungsweise näher analysiert. Besonders berücksichtigt werden hierbei die Beschleunigungsphase bis hin zum Absprung. Für eine große Gesamtsprungweite ist eine hohe Sprintgeschwindigkeit essentiell. In nachfolgender Skizze erkennt man die drei wichtigsten Faktoren für die größtmögliche Sprungweite, nämlich

1. Eine hohe Absprunggeschwindigkeit (v0)
2. Eine hohe Absprunghöhe (h0)
3. Ein optimaler Absprungswinkel (α0)
Wick, 2013, S. 160
Ziel der Anlaufphase ist es eine möglichst hohe Geschwindigkeit am Ende der Beschleunigungsphase zu erreichen, da die Anlaufgeschwindigkeit den größten Einfluss auf die Sprungweite hat. Als wichtige biomechanische Einflussgrößen spielen hierbei die Länge der Beschleunigungsphase, die Schrittfrequenzen, sowie Schrittlängen eine sehr große Rolle (Ballreich, S.29). Weitspringer der Spitzenklasse erreichen 10 – 6 m vor Absprung eine Geschwindigkeit von bis zu 11 m/s.
Beim Absprung wird die horizontale Anlaufgeschwindigkeit schwach abgebremst und durch die Streckung beim Absprung in eine vertikale Beschleunigung umgelenkt (siehe Abb.2). Die beim Absprung auftretende Geschwindigkeitsreduktion wird jedoch durch den nachfolgenden Beschleunigungskraftstoß verringert.
Um eine optimale Vertikalbeschleunigung zu erreichen wird der KSP vor dem Absprung durch einen verlängerten vorletzten Schritt gesenkt. Somit ist beim Absprung ein optimaler Beschleunigungsweg in vertikaler Richtung gegeben. Der Mechanismus des „Hebelns“ während der
Beugephase stellt, aus biomechanischer Sicht, den wichtigsten Anteil der Umsetzung der Anlaufgeschwindigkeit in die Abflugrichtung dar.
Abb. 2: Brems-, Beuge- und Streckbewegung (Dietmar Wick, S.202)
Ein optimaler Absprungswinkel wird in einem Bereich von 18-24° eingeschätzt, wobei die optimale Absprungsdauer etwa 0,10 - 0,12 Sekunden beträgt (Bauersfeld und Schröter, S.222). Biomechanische Untersuchungen haben ergeben, dass – unabhängig von der Schnelligkeit des Sprints- die Dauer des Fußkontaktes am Brett bei jedem Springer nahezu gleich bleibt (Das große Buch der Sprünge, S. 81).
Die wichtigsten 3 biomechanischen Prinzipien um optimale Absprungkomponenten zu sichern sind:

3 1. Das Prinzip der Anfangskraft

Dieses Prinzip wirkt bei allen Sprüngen im fließenden Übergang zwischen Amortisations- und Beschleunigungsphase. Die Amortisationsphase beginnt mit dem Aufsatz des Fußes auf dem Boden und endet mit dem durch den Fußaufsatz verursachten Bremsstoß. Zu Beginn der darauf folgenden Beschleunigungsphase tritt eine relativ hohe Kraft auf, die sogenannte Anfangskraft.

4 2. Das Prinzip des optimalen Beschleunigungsweges

Dieses Prinzip wird nur im zweiten Beschleunigungsweg umgesetzt, nämlich durch das Senken des KSP vor dem Absprung und der folgenden maximalen Erhöhung des KSP durch die maximale Körperstreckung beim Absprung. Im ersten Beschleunigungsweg, also bis zum Absenken des KSP durch den vorletzten Schritt, wirkt dieses Prinzip im engeren Sinne nicht.

5 3. Das Prinzip der zeitlichen und räumlichen Koordination von Teilimpulsen

Dieses Prinzip wird durch die richtige Koordination der Impulse der Schwungelemente und des Sprungbeines verwirklicht. Erst wenn alle Schwungelemente abgebremst sind beginnt die Streckung des Sprungbeines. Durch das Abbremsen der Schwungelemente wird deren kinetische Energie auf den Rumpf übertragen, was die Streckung unterstützt.
Da die Flugkurve nach dem Absprung vom Gesetz der Trägheit bestimmt wird, haben Bewegungen die während der Flugphase ausgeführt werden so gut wie keinen Einfluss auf die Sprungweite. Die Flugbahn des KSP wird daher lediglich durch die Anfangsgeschwindigkeit, den Abflugswinkel und die Anfangshöhe des KSP bestimmt. Weitere wirkende Gesetze während der Flugphase sind das Prinzip der Impulserhaltung und das Prinzip der Gegenwirkung. Nach dem Prinzip der Impulserhaltung bleibt der Gesamtimpuls einer Drehbewegung während dem Flug unabhängig von der Lage des Körpers zur Drehachse unverändert. Das Prinzip der Gegenwirkung ermöglicht, trotz der unveränderlichen Flugkurve des KSP, Körperteile in günstigere Positionen zu bringen, da jede Bewegung eines Körperteils zu einer entgegengesetzten Bewegung eines anderen Körperteils führt (Wick, S. 207).
Abb. 3: Flugkurve des KSP unter Berücksichtigung der Sprungweite, sowie Höhen und Geschwindigkeitsmerkmale (modifiziert nach Ballreich, 1986, S. 28)
Auch eine optimale Ausprägung der Landebewegung ist von sehr großer Bedeutung. Biomechanische Simulationen zeigen, dass diese mit möglichst gestreckten Beinen und einem stark gebeugten Hüftgelenk erfolgen sollte. Die Arme werden hierbei üblicherweise hinter dem Körper gehalten (siehe Abb. 3).
Abb. 4: Optimale Landehaltung (Wick, S.202)

6 3. Literaturverzeichnis

  • Ballreich & Kuhlow (1986). Biomechanik der Leichtathletik. Stuttgart: Enke Verlag
  • Bauersfeld, K.H. & Schröter, G. (1998). Grundlagen der Leichtathletik. Das Standardwerk für Ausbildung und Praxis (5., überarbeitete Aufl.). Berlin: Sportverlag
  • Haberkorn, C. & Plaß, R. (1992). Leichtathletik. Band 2: Sprung-Wurf-Stoß. (1. Aufl.). Frankfurt am Main: Diesterweg
  • Hillig, W. & Krauel, H.O. (1994). Leichtathletik. (10. Aufl.). Berlin: Cornelsen
  • Kassat, Georg (1993). Biomechanik für Nichtbiomechaniker. Alltägliche bewegungstechnisch-sportpraktische Aspekte. Fitness Contour Verlag
  • Killing, W. (2008). Jugend-Leichathletik. Offizieller Rahmentrainingsplan des Deutschen Leichtathletik-Verbandes für die Sprungdisziplinen im Aufbautraining. Münster: Philippka
  • Wick, Dietmar (2013). Biomechanische Grundlagen sportlicher Bewegungen. Lehrbuch der Biomechanik (3., überarbeitete und erweiterte Aufl.). Balingen: Spitta Verlag
Internetquellen
  • Deutsche Sporthochschule Köln. Institut für Motorik und Bewegungstechnik. SLG Leichtathletik. S. 2. Zugriff am 01. Mai 2014 unter https://www.dshs-koeln.de/imb/Individualsport/content/e40/e10480/e10515/e10528/e11637/SkriptWeitsprung_ger.pdf)
  • Huber, Anne (2012). Eine Biomechanische Analyse des Absprungs beim Weitsprung (Dissertation). Eberhardt Karls Universität, Tübingen

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